PRO BAHN - Ihr Fahrgastverband

Lammetal-Express 2003

Konzept für eine attraktive Nahverkehrsbahn

Das Konzept umfasst 36 Seiten, diverse Tabellen, Skizzen und Fotos.

Broschüre

Auszüge aus der Pro Bahn-Broschüre

Einleitung

Bahnfahren ist teuer - Bahnfahren ist umständlich - der Bahnhof ist weit weg - so ist manchmal die Rede vom aktuellen Bild, das der Bahnverkehr in Deutschland im Allgemeinen bietet, vor allem in der Fläche.

Doch seit wenigen Jahren gibt es einzelne Bahnstrecken, andeutungsweise erste Netze, wo Bahnfahren plötzlich "in" ist. Weite Kreise der Bevölkerung nutzen den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Das Bahnimage eines Lückenbüßers für die, die kein Auto haben, wandelt sich zu einer angenehmen Alternative, die das Auto nicht ersetzt, aber doch den Zweit- oder Drittwagen einsparen kann.

Diese neuen, attraktiven Bahnstrecken sind nicht etwa in großstädtischen Ballungsräumen zu finden. Nein, gerade in der sogenannten Fläche erlebt die Eisenbahn in vielen Projekten eine Renaissance. Die zurückhaltenden Verkehrsprognosen, die der Verwirklichung der Projekte zu Grunde liegen, werden häufig schon nach wenigen Monaten übertroffen. [...]

Istsituation - Haltepunkte

Der Hildesheimer Hauptbahnhof weist mit seinen Umsteigemöglichkeiten, dem angeschlossenen Busbahnhof und der zentralen Innenstadtlage die höchste Nutzerfrequenz auf. Drei Bahnsteige wurden neu gebaut und auf ICE-Niveau (76 cm über Schienenoberkante) gebracht. Die geteerten Nebenbahnsteige sind 36 cm hoch.

Der Haltepunkt Hildesheim Ost liegt am äußersten Rand der Kernstadt inmitten von Wohngebieten und ist durch eine Stadtbuslinie angebunden. Umsteigemöglichkeiten sind aber Zufall. Außer von Schülern, deren Schule dem Ostbahnhof näher liegt als dem Hauptbahnhof, wird die Station praktisch nicht genutzt (Frequenz je Zug durchschnittlich 5 Fahrgäste). Der Richtungsbahnsteig nach Bodenburg wurde im Februar 2000 provisorisch durch eine Holzkonstruktion ersetzt, da der alte Bahnsteig abgängig war (Bahnsteigniveau unter Schienenoberkante). Der Bahnsteig Richtung Hildesheim Hbf mit einer Sandoberfläche weist kaum eine Höhe von 20 cm auf. [...]

Verkehrsbedürfnisse

Alle Überlegungen zu Verbesserungen der Fahrpläne Öffentlicher Verkehrsunternehmen auf Schiene und Straße müssen sich an den Verkehrsbedürfnissen ihrer potentiellen Nutzer orientieren. Wie auf vielen anderen Nebenbahnen üblich wurde zu Zeiten der Deutschen Bundesbahn der Verkehr auf der Strecke Hildesheim - Bodenburg - Bad Gandersheim über viele Jahre stufenweise ausgedünnt. Einzelne schwach genutzte Züge (z.B. in Tagesrandlagen) wurden gestrichen und im günstigsten Fall durch einen Bus mit deutlich längeren Fahrzeiten ersetzt. Infolge sinkender Gesamtnachfrage wurde der Busersatzverkehr nach einigen Jahren seinerseits reduziert. [...]

Eine Neugestaltung des Verkehrsangebots muß daher zum Ziel haben, möglichst viele unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse der im Umkreis der Bahnstrecke lebenden und arbeitenden Bevölkerung zu erfüllen. Das eröffnet die Chance, aus diesem Kundenpotential einen möglichst hohen Anteil an Fahrgästen zu gewinnen. Nur ein Zuwachs an Fahrgästen rechtfertigt wirtschaftlich auf Dauer eine Verbesserung des Verkehrsangebots.

Für die Relation Bad Salzdetfurth - Hildesheim und umgekehrt lassen sich Verkehrsbürfnisse im Berufs- und Ausbildungsverkehr, Gelegenheits- und Fernverkehr feststellen. [...]

Anforderungen im Schienenverkehr

Um den Pendelverkehr zwischen Hildesheim und Bodenburg möglichst wirtschaftlich betreiben zu können, ist die Anzahl einzusetzender Fahrzeuge gering zu halten. Durch den Einsatz neuer, beschleunigungsstarker Leichttriebwagen, wie sie von den vier maßgeblichen Herstellern (Alstom-LHB, Bombardier, Siemens und Stadler) angeboten werden, können die Fahrzeiten gekürzt werden. Die höhere Beschleunigung der Fahrzeuge ermöglicht bei gleicher Fahrzeit mehr Zwischenhalte. Die Bahn kann damit näher bei ihren (neuen) Kunden halten. Bei einer Fahrzeit von unter 26 min könnte ein Stundentakt mit nur einem Fahrzeug gefahren werden, wobei an beiden Endbahnhöfen mit je 4 min eine ausreichende Wendezeit zur Verfügung stände. [...]

Buszubringer

Das Konzept Lammetal-Express ersetzt vollständig die bisher verkehrenden Buslinien 2454 und 2456 des Regionalverkehrs Hildesheim (RvHi) im Abschnitt Hildesheim - Bodenburg, vgl. auch Kapitel 4.5. Damit wird die Neuordnung des Busverkehrs im Gebiet der Strecke notwendig. Durch die neuen, siedlungsnahen Bahnhaltepunkte sind Busparallelverkehre zur Strecke überflüssig. Dafür sind ergänzende Busfahrten insbesondere auf den anschließenden Reststücken der heutigen Buslinien nach Bockenem und Lamspringe (- Bad Gandersheim) neu einzurichten.

Leitgedanke ist dabei, dass mindestens der Status quo der heutigen Bedienungsfrequenzen und Fahrzeiten beibehalten wird. Pro Bahn wird sich aber selbstverständlich auch nicht gegen ein verbessertes Angebot aussprechen. Das (für die Bockenemer Fahrgäste neue) Umsteigen wird durch höheren Fahrkomfort und größere Geschwindigkeit der Bahn, direkten Anschluss von Bus und Bahn an einem kombinierten, überdachten Bahnsteig und eine erstmalige Vertaktung des Busangebotes mehr als ausgeglichen.

Die Lamspringer Fahrgäste müssen bereits seit den 70er Jahren zwischen Bahn und Bus umsteigen. Unter den heutigen Bedingungen am Bahnhof Bodenburg ist das eher unangenehm und zum Teil mit langen Wartezeiten verbunden. Darüber hinaus kommt es in den letzten Jahren immer häufiger vor, dass Lamspringer Fahrgäste sogar von Bus auf Bus umsteigen müssen - und das an einer ganz normalen Bushaltestelle am Straßenrand. [...]

Ausbau der Haltepunkte

Fahrgäste wünschen sich eine saubere, übersichtliche Wartemöglichkeit, die ihnen Informationen über den Fahrplan und Tarif sowie einen Wetterschutz bietet. Zudem sollen Bahnsteighöhe und verkehrende Fahrzeuge aufeinander abgestimmt sein, so dass keine Stufen beim Betreten des Fahrzeugs zu überwinden sind. Bei der Gestaltung des Wartehäuschens setzt man in letzter Zeit verstärkt auf individuelle Modelle, die die Industrie reichlich in ansprechendem Design anbietet. Einheitliche Betonarchitektur hat ein eher abschreckendes Erscheinungsbild und im übrigen einen höheren Beschaffungspreis als kleine Wartehäuschen z. B. aus Glas oder ziegelgedeckte Fachwerkwartehallen.

Neue Haltepunkte können zwecks Einsparung auch etappenweise errichtet werden. Zunächst besteht nur die Bahnsteigkante aus Beton, der Bahnsteig selbst aus einer Splittoberfläche. Zwei Lampen und ein einfacher Wetterschutz komplettieren die allernötigste Ausstattung. Schöner ist natürlich ein endausgebauter Haltepunkt mit ansprechender Möblierung und sauberer Oberfläche. Ehe aber die Realisierung eines zusätzlichen Haltepunktes aus Geldmangel abgelehnt wird, bietet die Sparlösung zumindest einen Einstieg in die Realisierung und ist deshalb der Nulllösung vorzuziehen. [...]

Neuer Haltepunkt "TEC-Center"

Am Südrand von Bad Salzdetfurth liegt das sogenannte "TEC-Center", ein Gewerbegebiet mit hohem Anteil innovativer Firmen. Der Zugang zu diesem Gewerbepark liegt unmittelbar westlich der Bahnlinie. Östlich grenzen noch einige Wohnhäuser der Kernstadt sowie der Stadtteil Wehrstedt an. Ein Haltepunkt existiert hier (Streckenkilometer 24,6) bisher nicht.

Eine ebenerdige Fläche östlich des Gleises unmittelbar am vorhandenen Bahnübergang bietet sich für die Errichtung des Haltepunktes an.

Der Haltepunkt hat eine wichtige Doppelfunktion: Er erschließt einerseits die Arbeitsplätze des TEC-Centers. Somit können sogar Arbeitnehmer, die z. B. in Hildesheim wohnen, mit der Lammetalbahn zu ihrem Arbeitsplatz reisen. Zum anderen bietet er Wehrstedt bzw. der südlichen Kernstadt den direkten Bahnzugang. Denn dieser Teil Bad Salzdetfurths wird durch den bisherigen Bahnhof (vgl. Kapitel 4.2.6) nicht erschlossen. Die mittlere Entfernung Wehrstedts zum Bahnhof Bad Salzdetfurth beträgt ca. 1700 m, zum Haltepunkt TEC-Center nur 1000 m, vgl. Kapitel 3.2.1 und 4.3. [...]

Streckenkarte mit Einzugsbereichen

Als Erschließungsbereich für einen Bahnhaltepunkt wird allgemein ein Radius von 800 m angenommen. Das entspricht einer Fusswegentfernung von 10 Minuten, mit dem Rad knappe 5 Minuten. Deshalb sind in der Karte die Radien um die Haltepunkte entsprechend eingetragen. Durch die neuen Haltepunkte, insbesondere "TEC-Center" in der südlichen Kernstadt, ergibt sich also eine weitgehende Abdeckung der heutigen Siedlungsfläche. Gezielte Neuausweisungen von Baugebieten wie oben beschrieben erhöhen die Wirkung des einzelnen Haltepunktes noch. [...]

Streckenkarte

Durchtarifierung/Verbundtarif im Landkreis Hildesheim

Unabhängig vom Konzept Lammetal-Express werden zur Zeit Überlegungen für einen gemeinsamen Tarif von Stadt- und RvHi-Bussen vorangetrieben. Denn die tarifliche Situation ist momentan sehr unbefriedigend: Wer von Lamspringe nach Hildesheim-Drispenstedt möchte, kauft zunächst eine RvHi-Fahrkarte nach Bodenburg, eine Bahnfahrkarte nach Hildesheim Hbf und eine Stadtbusfahrkarte nach Drispenstedt, braucht also insgesamt 3 Fahrkarten. Solche Regelungen sind nicht mehr zeitgemäß.

Moderner Nahverkehr braucht einfache tarifliche Lösungen. Alle dem Landkreis Hildesheim angrenzenden Landkreise haben inzwischen mindestens einen einheitlichen Bustarif oder gehören einem Tarifverbund unter Einbeziehung der Bahn an. Wegen der relativ geringen Fläche des Landkreises im Verhältnis zu den benachbarten Tarifverbünden GvH (Hannover) und VRB (Braunschweig/Goslar) ist zu überlegen, ob ein weiterer, eigenständiger Tarif Sinn macht. Gerade im Bahnverkehr sind die Grenzen des Landkreises schnell erreicht.

Erste Ansätze von Tarifkooperationen gibt es im Landkreis Hildesheim bereits heute. So werden Zeitkarten für die (Bahn-)Strecke Hildesheim - Bodenburg - Lamspringe auch im Bus anerkannt. Sollte sich mit der Umsetzung des Lammetalexpresses nicht zeitgleich ein Tarifverbund im eigentlichen Sinne einführen lassen, so wäre als Mindestanforderung bis auf weiteres die Tarifkooperation bei Zeitkarten auf die Strecke Bad Salzdetfurth - Bockenem auszudehnen. [...]

Fahrzeugunterhaltung

Angesichts der aus wirtschaftlichen Gründen knappen Fahrzeugzahl ist für die täglichen und wöchentlichen Wartungs- und Reinigungsarbeiten eine Anlage vor Ort wünschenswert. Letztlich wird das Wartungskonzept natürlich durch den auszuwählenden Betreiber des Lammetal-Express festgelegt. Nach Schließung des Bahnbetriebwerkes Hildesheim Ende der 80er Jahre wartet die DB Regio ihre Züge in Braunschweig. Die Überführung von und nach Braunschweig erfordert gut eine Stunde Fahrzeit je Richtung und verursacht entsprechende Trassengebühren.

Sollte ein anderer Betreiber die vorgeschlagene Ausschreibung des Lammetal-Express-Verkehrs gewinnen, so sei an dieser Stelle auf zwei mögliche Wartungseinrichtungen in Hildesheim hingewiesen, die für die neuen Triebwagen zu ertüchtigen wären:


© 02.04.2006 / PRO BAHN Braunschweig-Hildesheim rv-bs-hi@niedersachsen.pro-bahn.de